„Die Landwirtschaft steuert in eine gute Zukunft“

Besonders im westlichen Niedersachsen hat die Viehdichte in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen. In den Landkreisen Vechta, Cloppenburg, Emsland und der Grafschaft Bentheim liegt die Dichte bei über 2 Großvieheinheiten (GVE) pro Hektar. Und den Kreisverwaltungen liegen noch jede Menge Bauanträge vor. „Wohin steuert die Landwirtschaft?“ Mit dieser Frage beschäftigten sich vor kurzem die Gäste der CDU-Diskussionsveranstaltung in der Gaststätte Rammelkamp in Nordhorn. Dabei wurden Themen wie Tierschutz, Wettbewerbsparität zwischen Nahrungsmittelproduktion und Energieversorgung sowie verschiedene Steuerungsmöglichkeiten von Tierhaltungsanlagen diskutiert. Doch für letzteres scheint es keine wirkliche Lösung zu geben. Zumindest keine, die verhindert, dass Investoren von außerhalb gewerbliche Stallanlagen in dieser Region errichten.
Reinhold Hilbers, Kreisvorsitzender der Grafschafter CDU, stellte in seiner Begrüßung den hohen Stellenwert der Grafschafter Landwirtschaft in Bezug auf Wirtschaftskraft, Schaffung von Arbeitsplätzen und Pflege der Kulturlandschaft heraus. Und obwohl die Akzeptanz seitens der Bevölkerung für diesen Wirtschaftszweig wichtig ist, herrsche doch eine große Diskrepanz zwischen Verbraucherwünschen und realen Bedingungen in der Landwirtschaft. „Die bäuerliche Landwirtschaft, bei der Familien dahinter stehen, sollten gestützt und gefördert werden“, so der Kreisvorsitzende.
„Obwohl die Ansprüche seitens der Bevölkerung an uns Landwirte enorm gestiegen sind, steuert die Landwirtschaft in eine gute Zukunft“ ist sich der Staatssekretär des Niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums Friedrich-Otto Ripke sicher. Doch auch genau darin liege der Widerspruch. „Ein Teil der Verbraucher will von modernen Produktionsverfahren nichts wissen und träumt einer vermeintlichen Idylle der 50er Jahre hinterher: Kleinbetrieblich strukturierte Landwirtschaft mit hohem Arbeitseinsatz und geringer Technisierung wird als Ideal hingestellt. Doch ein Zurück ist zum einen ökonomischer Unsinn, zum anderen ein Riesenrückschritt für den Tierschutz, für den Umweltschutz und auch für den Verbraucherschutz.“ Dieser Rückschritt wäre zudem sehr unsozial, da bei extensiveren Haltungsbedingungen die Lebensmittelpreise steigen würden, so der 58-jährige. Doch ohne die Akzeptanz der Verbraucher ginge es in Zukunft nicht. Daher würde auf dem Gebiet des Tierschutzes, durch Verabschiedung eines umfassenden Tierschutzplanes viel geleistet und im Ministerium mit Nachdruck nach einer nachhaltigen Lösung im Bereich zur Steuerung von Tierhaltungsanlagen in den Ballungszentren der Veredelung gesucht.
„Wir brauchen bei besonders großen Stallbauten eine Stärkung der kommunalen Entscheidungskompetenzen bei Erhaltung der Privilegierung der Landwirtschaft. In stark vorbelasteten Regionen sollen, wenn dies vor Ort gewünscht wird, große gewerbliche Tierhaltungen aber nicht mehr unter das Landwirtschaftsprivileg fallen“, erklärt Ripke. Damit wolle man viehdichten Landkreisen, mit einer Viehdichte größer als 2 GVE/ha, zusätzliche Handlungsmöglichkeiten geben. Damit gäbe es auf Landkreis- und gegebenenfalls auf Gemeindeebene, bei Stallbauten, die gewerblich sind und bestimmte Viehzahlen überschreiten, mehr Entscheidungsbefugnisse. Ein Leitfaden hierzu würde schon in Bearbeitung sein. Dies bereitet dem Hauptgeschäftsführer der Vereinigung des Emsländischen Landvolkes Lambert Hurink große Sorgen. „Wir haben in unserer Region immer einen Weg gefunden die gesellschaftliche Akzeptanz zu finden. Und diese möchten wir auch gerne behalten.“ Die Tierhaltung gehöre in bäuerliche Hand, pflichtet Hurink Ripke bei. „Wir brauchen keine Kapitalgesellschaften. Aus unserer Sicht gibt auch das jetzige Baugesetz schon Möglichkeiten für die Kommunen bei Bedarf über einen Bebauungsplan die Steuerung von Tierhaltungsanlagen vorzunehmen.“ Dies hätte den Vorteil, dass vor Ort gehandelt werden könne und nicht Vorgaben auf Landesebene oder Bundesebene anzuwenden sind. Die VEL habe sich schon sehr lange mit diversen Modellen auseinandergesetzt.
„Die Investitionen, die in der Grafschaft Bentheim getätigt werden, sind immer noch bäuerlich geprägt“, so der Landrat des Landkreises Grafschaft Bentheim Friedrich Kethorn. Und obwohl sich die Entwicklungen vom Emsland zu denen der Grafschaft Bentheim in seiner Intensität unterscheiden, schwindet allmählich die Akzeptanz der Bevölkerung für diese Tierzahlentwicklung. Auch Kethorn sieht die Gefahr, dass sich „Investoren Grund und Boden in unserer Region aneignen.“ Eine Lösung dieses Problems gebe es aber noch nicht. Kreistagsmitglied Charlotte Ruschulte sieht die Akzeptanz in der landwirtschaftlichen geprägten Grafschaft, aber sie beginne zu bröckeln. Landwirte rufen mit ihrem Umgang mit Tier, Pflanze und Boden unweigerlich Emotionen bei den Menschen hervor. Ruschulte stellte in diesem Zusammenhang die Arbeit der Landfrauen heraus, die sich seit jeher um die Belange im ländlichen Raum kümmern.

Fotos und Text: Kerstin Ernst