Landtagsrede vom 14. September 2016

Stenografischer Bericht der 105. Sitzung des Niedersächsischen Landtags

Tagesordnungspunkt 3: a) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Haushaltsgesetzes 2016 (Nachtragshaushaltsgesetz 2016) – Gesetzentwurf der Landesregierung – Drs. 17/6042 neu – b) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Aufnahmegesetzes und des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich – Gesetzentwurf der Landesregierung – Drs. 17/6043 – c) Gesetz zur Streichung der Nettoneuverschuldung 2016 – Gesetzentwurf der Fraktion der FDP – Drs. 17/5820 – d) Nettoneuverschuldung senken – Kommunen entlasten – Krankenhäuser stärken – rot-grüne Landesregierung muss Nachtragshaushalt 2016 vorlegen! – Antrag der Fraktion der CDU – Drs. 17/5827 – Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen – Drs. 17/6416 – Schriftlicher Bericht – Drs. 17/6450 – Schriftlicher Bericht zu c) –

Reinhold Hilbers (CDU):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Ein Steuersystem muss so ausgestattet sein, dass es transparent ist, dass es übersichtlich ist, dass es Leistungsanreize setzt, dass es starke Schultern stärker als schwache Schultern belastet und dass es allgemein dazu beiträgt, die Aufgaben des Staates zu finanzieren.

(Maximilian Schmidt (SPD): Und das auf einen Bierdeckel passt!)

In den vergangenen Jahren haben wir viel über Steuerfragen und auch über die Fragen diskutiert, wie wir unser Steuersystem optimieren können.

Herr Kollege Grascha hat die Einnahmesteigerungen geschildert: Die Steuerschätzungen prognostizieren bis 2020 durchschnittlich 27 Milliarden Euro Einnahmeverbesserungen pro Jahr. Allein der Staat nimmt im Jahr 2020 gegenüber heute voraussichtlich 135 Milliarden Euro mehr ein. Die Steuerquote wird sich dann im Durchschnitt von 22 auf 22,5 % entwickeln.

Das alles sollte Maßgabe sein, die Spielräume dafür zu nutzen, ein einfacheres, leistungsgerechteres und familienfreundlicheres Steuersystem auszugestalten, meine Damen und Herren. Dazu bedarf es geeigneter Vorschläge. Ich finde, dass der Wirtschaftsflügel der Union, unsere Mittelstandsvereinigung, dazu ein großartiges Konzept auf den Weg gebracht hat,

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

das in drei Stufen das Steuersystem nicht nur vereinfacht, sondern leistungsgerechter ausgestaltet. Im ersten Schritt soll die Werbungskostenpauschale von 1 000 Euro auf 2 000 Euro angehoben werden. Das würde bedeuten, dass zwei Drittel derjenigen, die eine Steuererklärung abgeben, die Werbungskostenbelege überhaupt nicht mehr zu sammeln bräuchten, sondern diese Pauschale in Anspruch nehmen könnten.

Des Weiteren soll das Steuersystem leistungsgerechter und mittelschichtsfreundlicher werden. Der „Mittelstandsbauch“ gerade im Bereich der Facharbeiter und Facharbeitskräfte muss abgeflacht werden. Das ist die zweite Stufe dieser Reform. Der Grenzsteuersatz muss in der Zone, wo er mit 24 % beginnt, wieder auf 20 % abgesenkt werden, und der Spitzensteuersatz von 42 % soll erst bei 60 000 Euro greifen statt wie bisher bei 53 666 Euro. Das führt dazu, dass die Steuerkurve flacher wird. Das heißt, von jedem zusätzlich verdienten Euro – sei es durch Überstunden, sei es durch Lohnerhöhungen, sei es durch besondere Anstrengungen oder auch durch kalte Progression – bleibt deswegen mehr in der eigenen Tasche. Das ist nicht nur mittelstandsfreundlich, das ist auch leistungsfreundlich. Das Steuersystem muss auch Leistungsanreize setzen und darf sich nicht nur darauf konzentrieren, Herr Schmidt, alles zu verteilen.

(Beifall bei der CDU)

Das Steuersystem muss familienfreundlicher gemacht werden. Deswegen schlägt unsere Mittelstandsvereinigung vor, in der dritten Stufe die Grundfreibeträge für Erwachsene anzuheben und dann die Grundfreibeträge für Kinder auf das volle Niveau der Erwachsenen anzuheben. Damit bekommen wir einen wirklichen Familienlastenausgleich. Damit werden Kinder steuerlich genauso behandelt wie Erwachsene, die sich das Familienrisiko teilen. Damit wird ein echter Familienleistungsausgleich geschaffen. Das ist ein zukunftsfähiges Konzept, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Genau dieses Konzept verdient Unterstützung. Da sollten Sie mitmachen und nicht bremsen. Die Frage der Erhöhung des Kindergeldes um 2 Euro stellt sich an dieser Stelle so gar nicht. Das, was Sie jetzt hier verunglimpfen wollen, diese Erhöhung um 2 Euro, ist nur die Konsequenz aus dem, was beim Freibetrag passiert. Wenn man den Freibetrag anhebt, dann muss man entsprechend das Kindergeld für diejenigen anheben, die vom Freibetrag nicht partizipieren. Das ist die entsprechende Umrechnung des durchschnittlichen Steuersatzes. Dann kommt man auf diese Summe.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Der Freibetrag soll nämlich nach dem Existenzbericht auf 110 Euro angehoben werden. Das Problem ist, dass Sie das nicht sehen und nicht berücksichtigen wollen.

Meine Damen und Herren, alles das muss auch finanzierbar sein. Die schwarze Null ist nicht irgendetwas, was man wie eine Mantra vor sich herträgt, sondern man kann Sozialleistungen, Familienausgleich und Kindergeld nicht aus Schulden finanzieren, weil dann nämlich genau diejenigen, denen man das zugutekommen lassen will, die davon partizipieren, später diese Schulden zurückzahlen müssen. Das ist eben nicht vernünftig. Wir müssen das aus einem echten Turnaround und mit einem ausgeglichenen Haushalt schaffen, weil jede Generation nur das Geld ausgeben kann, das ihr auch zusteht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Ministerpräsident, da sind Sie gefordert, in der Steuerdebatte daran mitzuwirken. Sie haben großartig zweistellige Milliardenbeträge angekündigt, haben gesagt, das Feld dürfe man der Union nicht allein überlassen.

(Christian Dürr [FDP]: Ja, machen!)

Sie haben gesagt, Sie halten zweistellige Milliardenbeträge an Entlastungen für möglich.

Herr Ministerpräsident, Sie müssen liefern! Sie sehen das offensichtlich nur als eine taktische Frage, indem Sie sagen, das dürfe man nicht der Union überlassen. Nein, Sie müssen jetzt liefern!

Sie haben auf eine Anfrage der FDP gesagt, Sie wollten augenblicklich nichts unternehmen und die Gegenfinanzierung wieder mit dem Spitzensteuersatz vornehmen. Dann erhöhen Sie wieder die Steuerkurve. Nein, machen Sie wirklich einmal Entlastung! Machen Sie dazu konkrete Vorschläge, statt Diskussionen darüber zu führen, was Sie der Union nicht überlassen wollen! Das sind taktische Spielchen, die nicht weiterhelfen, Herr Ministerpräsident.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Präsident Bernd Busemann: Vielen Dank, Herr Kollege Hilbers.

 

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