Landtagsrede vom 16. Mai 2017

Stenografischer Bericht der 128. Sitzung des Niedersächsischen Landtags

Außerhalb der Tagesordnung: Regierungserklärung des Ministerpräsidenten zum Thema „Haushaltskonsolidierung und Pflege des öffentlichen Vermögens / nachhaltige Haushaltspolitik für Niedersachsen“ – Regierungserklärung – Drs. 17/8073

Reinhold Hilbers (CDU):

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, die Not muss bei Ihnen groß sein, dass Sie hier eine solche Bewerbungsrede als Kämmerer abliefern und diese als Regierungserklärung titulieren. Viel Neues war dort nicht zu hören.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Am Sonntag hat die SPD in Nordrhein-Westfalen ihre historische Wahlniederlage erlitten, die Regierung Kraft ist krachend abgewählt worden, ähnlich wie eine Woche zuvor die Küstenkoalition in Kiel. Rot-Grün wird langsam zum Auslaufmodell, meine Damen und Herren. Das macht augenscheinlich auch die Spitzengenossen in Niedersachsen nervös.

Meine Damen und Herren, Herr Weil scheint das Unheil bereits am Freitag erahnt zu haben. Deswegen hat er kurzfristig eine Regierungserklärung angemeldet. Das sollte offenbar der Versuch sein, von den NRW-Ereignissen abzulenken und Parteifreunde in Niedersachsen für die eigene Regierungspolitik zu begeistern. Dieser Versuch ist dann aber schon am Terminchaos gescheitert. Erst meldet die Staatskanzlei die Regierungserklärung für Dienstag an, dann sollte es Mittwoch sein, dann wieder Dienstag. Ein einzigartiges Chaos!

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Wie immer! – Christian Dürr [FDP]: Die können es halt nicht!)

Und es wird noch schlimmer: Heute um 13 Uhr stellen der Finanzminister und der Ministerpräsident zusammen Vorschläge für eine Steuerreform vor. Eine Stunde später hält der Ministerpräsident hier eine Regierungserklärung zur Finanzpolitik, und das Thema Steuerreform bleibt völlig außen vor. Fehlanzeige! Was ist das für ein Chaos bei Ihnen, Herr MinisterpräsidentÄ Wer verursacht dasÄ Wer koordiniert eigentlich bei IhnenÄ

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich kann mir das nur so erklären, dass Sie darüber schon gar nicht mehr reden wollten, weil der Termin eben in der Lüerstraße gnadenlos in die Hose gegangen ist. Das Handelsblatt schreibt nämlich:

„Weil verursacht Steuer-Chaos in der SPD.“  Sie sind schon auf der Flucht!

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP – Christian Dürr [FDP]: Was sagt Herr Schulz dazuÄ)

Sie haben Ihrem Messias aus Würselen, der es augenblicklich sowieso schwer hat, einen Bärendienst erwiesen, indem Sie die Abschaffung des Solis in Ihr Stammbuch geschrieben haben.

(Thomas Schremmer [GRÜNE]: Macht euch mal keine Sorgen!)

Sie haben eben eine Regierungserklärung abgegeben, Herr Ministerpräsident, die zeigt, dass es in Sachen Selbstgefälligkeit und Ignoranz in jeder Hinsicht mit Ihrer inzwischen abgewählten Amtskollegin Hannelore Kraft aufnehmen kann.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie stilisieren sich zum konsequenten Sanierer des Landeshaushalts und lassen sich für Investitionen feiern, die zunächst einmal nur auf dem Papier stehen. Das ist professionelles Anscheinerwecken, Herr Ministerpräsident!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie konsolidieren den Landeshaushalt nicht, nein, in Wirklichkeit kassieren Sie.

Meine Damen und Herren, gegenüber 2012 hat Rot-Grün im Jahr 2017 Haushaltsentlastungen von 5,6 Milliarden Euro festzustellen.

(Renate Geuter [SPD]: Nicht immer die alten Textbausteine!)

Das sind 5,1 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen gegenüber 2012 und 485 Millionen Euro weniger Zinsausgaben, also 25 % mehr Steuereinnahmen und 25 % weniger Zinsausgaben. Und was wird damit angestelltÄ Das Schlimme ist: RotGrün macht aus dieser komfortablen Finanzsituation gar nichts.

(Johanne Modder [SPD]: Das ist abenteuerlich, Herr Hilbers! – Grant Hendrik Tonne [SPD]: Zuhören, Herr Hilbers!)

Die Finanzpolitik ist unambitioniert, und die Rahmenbedingungen sind einfach nur glücklich. Sie konsolidieren überhaupt nicht!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie sollten sich bei der Bundeskanzlerin Frau Merkel bedanken.

(Johanne Modder [SPD]: Lieber nicht!)

Denn die gute Wirtschaftspolitik, das gute Agieren Deutschlands in Europa und die gute Haushaltspolitik in Berlin sorgen dafür, dass Deutschland die Wirtschaftslokomotive in der Europäischen Union und in der Welt ist. Das sorgt dafür, dass Sie in diesen Steuereinnahmen baden können. Sonst hätten Sie die überhaupt nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wäre die Bundesregierung auch nur für einen Augenblick Ihren Vorstellungen, die in Ihrem Koalitionsvertrag stehen, gefolgt und hätte sie die Steuerfantasien, die Sie hatten – Wiedereinführung der Vermögensteuer, Erbschaftsteuererhöhung, Erhöhungen hier und da, wo Sie nur konnten -, umgesetzt, wäre Deutschland wirtschaftlich abgeschmiert, und Sie hätten feststellen können, dass Sie diese Steuereinnahmen in Rekordhöhe nie erreicht hätten, meine Damen und Herren.

Sie reden von Haushaltskonsolidierung. Faktisch aber haben Sie keine eigenen Anstrengungen unternommen.

Ein ganz großes Thema sollte die Aufgabenkritik sein, Herr Ministerpräsident. Sie sind aber im rotgrünen Stillstandsmodus. Es gibt keine Modernisierung des Landes. Bisher sind es verlorene Jahre für Niedersachsen.

Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten aus der HAZ vom 22. April 2013. Dort wird der Ministerpräsident zitiert:

„Wir haben uns eine Aufgabenkritik vorgenommen, die hart und mühsam werden wird. Notwendig wird zum einen eine Priorisierung von Aufgaben: Was ist unerlässlich, worauf können wir verzichtenÄ Vor allem aber wird es darum gehen, staatliche Aufgaben effektiver wahrzunehmen und ein nicht hinreichend verzahntes Nebeneinander staatlicher Akteure zu verhindern.“

Die Landesregierung hat dafür einen Lenkungskreis eingesetzt und eine Geschäftsstelle eingerichtet. Jetzt, vier Jahre und zwei Monate später, ist die Aufgabenkritik komplett eingestellt worden. Sie ist gescheitert, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP – Thomas Adasch [CDU]: Nur heiße Luft!)

AufgabenkritikÄ – Fehlanzeige! ModernisierungÄ – Fehlanzeige! Verlorene Jahre für Niedersachsen!

Aber was Sie geschafft haben – darin sind Sie gut -: Sie haben in dieser Zeit immerhin die Grunderwerbsteuer von 4,5 % auf 5 % angehoben. Das ist eine 11-prozentige Anhebung. Das kostet die Menschen in Niedersachsen jährlich über 90 Millionen Euro. Die ziehen Sie den Menschen aus der Tasche. Darin sind Sie gut!

(Widerspruch von Renate Geuter [SPD])

Sie sind auch gut darin, den Ministerialapparat aufzublähen. Über 400 zusätzliche Stellen haben Sie inzwischen geschaffen. Sie sind auch gut darin, alte Bezirksregierungen zu revitalisieren und Landesämter für regionale Entwicklung einzurichten.

(Johanne Modder [SPD] und Renate Geuter [SPD]: Heimatministerium!)

Nein, Sie konsolidieren nicht – Sie konsumieren, und Sie setzen die Zeichen falsch, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP – Grant Hendrik Tonne [SPD]: Herr Hilbers, diese Rede könnte Ihnen auf die Füße fallen!)

Wir haben in Ihrer Regierungserklärung viele Allgemeinplätze gehört. Zugegeben: Viel habe ich auch nicht erwartet. – Aber, Herr Ministerpräsident, Ihr Sondervermögen zur Nachholung der Instandhaltung von Gebäuden sollten Sie wenigstens so weit kennen, dass dort nicht 120 Millionen Euro jährlich anfallen, sondern dass Sie insgesamt 120 Millionen Euro aus nicht verbrauchten Kreditermächtigungen hineingesteckt haben. Es sind also nur einmalig 120 Millionen Euro, Herr Ministerpräsident.

(Zurufe von der CDU: Junge, Junge! Rechnen kann er auch nicht! Stockfehler!)

Herr Ministerpräsident, Sie haben derart an den Themen der Landespolitik vorbeigeredet! Sie haben die Probleme ausgeblendet. Sie haben über die Probleme, die wirklich anstehen, überhaupt nicht gesprochen. Das hat mich schon ganz erheblich überrascht. Ich finde, wenn Sie das in einer Regierungserklärung tun, dann haben das weder das Parlament noch die Menschen in Niedersachsen verdient.

Wo waren denn die Worte zu den jüngsten Vorgängen bei VWÄ Was gedenken Sie zu tun, damit das Unternehmen Volkswagen endlich wieder in ruhiges Fahrwasser kommtÄ Ihre Sprachlosigkeit zum Thema Volkswagen löst bei mir Besorgnis aus. Sie lassen die Dinge einfach

(Zuruf von der CDU: Liegen!)

laufen. Im Gegenteil: Das ist nicht nachhaltig, das ist verantwortungslos, Herr Ministerpräsident.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ebenfalls kein Wort zu den Perspektiven der Norddeutschen Landesbank und deren Probleme durch die Übernahme der Bremer Landesbank, die dadurch noch einmal verschärft worden sind.

(Wiard Siebels [SPD]: Wo sind Sie die ganze Zeit gewesenÄ Im Landtag jedenfalls nicht!)

Wie geht es denn mit den Arbeitsplätzen in Hannover und Oldenburg weiterÄ Welche Unterstützungsmaßnahmen wären im Ernstfall vonseiten der Landesregierung möglichÄ Wozu wäre sie bereitÄ – Dazu kein Wort! Das sind nicht etwa triviale Fragen.

(Renate Geuter [SPD]: Als Bewerbung reicht das nicht aus!)

Das sind die beiden wichtigsten Beteiligungen des Landes Niedersachsen. Ich vermag nicht zu erkennen, dass diese Beteiligungen, Herr Ministerpräsident, bei Ihnen in guten Händen sind.

Ein Weiteres: Sie haben die gute Bildungspolitik, die Sie angeblich machen, gelobt. Ich hätte an dieser Stelle in diesem Zusammenhang aber auch konkrete Aussagen erwartet, Herr Ministerpräsident, wie Sie der schlechten Unterrichtsversorgung, den wachsenden Schwierigkeiten mit der Inklusion und den ungelösten Problemen beim Fachlehrermangel begegnen wollen. Kein Wort dazu! Das notwendige Geld hätten Sie. Aber Frau Heiligenstadt hat in den letzten Jahren die notwendigen Vorarbeiten dazu beharrlich verweigert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch die Staatskanzlei macht dem Kultusministerium dort keine Beine. Der Chef der Staatskanzlei scheint ja bereits mit der Koordinierung zahlreicher Gesetzesvorhaben maßgeblich überfordert zu sein.

Lassen Sie mich einen Blick auf die Ernährungswirtschaft werfen! Sie ist nach der Automobilwirtschaft der zweitwichtigste Sektor in Niedersachsen. Auch zum Unternehmen Homann in Dissen, einem wichtigen Arbeitgeber, habe ich hier nichts gehört. Sie haben 2012/2013 erklärt, Industriepolitik sei Chefsache. Ich kann das bei der Causa Homann nicht erkennen. Sie haben das Ihrem Wirtschaftsminister überlassen. Pflichtgemäß haben Sie einen Termin in der Staatskanzlei absolviert. Herausgekommen ist dabei nichts. Ist das Ihre Industriepolitik, Herr MinisterpräsidentÄ

Die Liste der Probleme, bei denen die Landesregierung entschlossen handeln müsste, ließe sich lange fortsetzen.

Die innere Sicherheit ist ein Bereich, der ebenfalls im Argen liegt. Im Grunde ist Herr Pistorius nämlich der politische Zwilling seines Amtskollegen Jäger in NRW. Er verantwortet ähnlich viele Pannen, meine Damen und Herren, und ist ähnlich gut im Schönreden.

(Zustimmung von Thomas Adasch [CDU])

Allerdings gibt es einen Unterschied: Herr Pistorius macht vor Kameras und Mikrofonen immer eine gute Miene zum bösen Spiel.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in Ihrer Regierungspolitik gibt es ein Grundproblem von Beginn dieser Legislaturperiode an. Sie glauben, dass Sie im Zweifel die Dinge lösen können, indem Sie sie liegenlassen und später machen.

(Björn Thümler [CDU]: Eben! Grundprinzip! – Widerspruch von Renate Geuter [SPD])

Das kann ich auch bei vielen Themen erkennen, die Sie angesprochen haben.

Sie haben den wachsenden Investitionsbedarf bei den niedersächsischen Krankenhäusern angesprochen. Wir haben hierzu im vergangenen Jahr mehrfach Vorschläge unterbreitet. Sie waren seriös gegenfinanziert, mit Haushaltsanträgen unterlegt. All diese Vorschläge haben Sie stets abgelehnt. Jetzt, in den Zeiten des Vorwahlkampfes, versuchen Sie, dort Akzente zu setzen, die aber ins Leere gehen, und rechnen sich Ihre Dinge schön. Ich will Ihnen das vorrechnen.

Sie haben von 1,3 Milliarden Euro für die Krankenhausfinanzierung gesprochen, die Ihre Sozialministerin zusammen mit den Kommunen losgeeist hat. In Wirklichkeit waren schon in der Finanzplanung fünfmal 120 Millionen Euro vorgesehen, das sind 600 Millionen Euro. Ferner haben Sie vom Bund zu 50 % mitfinanzierte Mittel aus dem Strukturfonds; das sind 94 Millionen Euro. Die dann noch fehlenden 663 Millionen Euro sammeln Sie doch erst in der Zukunft ein. Das sind doch Mittel, die zukünftige Regierungen hier bezahlen müssen; denn 25 Jahre lang sollen jeweils 32 Millionen Euro in das Sondervermögen eingezahlt werden, was Sie abgezinst jetzt ausgeben wollen.

(Johanne Modder [SPD]: Das ist bei Zins und Tilgung so!)

Das sind 800 Millionen Euro, die Sie abzinsen können. Dann kommen Sie nach Ihrer Rechnung auf 663 Millionen Euro.

Ich sage Ihnen mal eines: Die Krankenhäuser wissen augenblicklich überhaupt noch nicht, wie sie diese Beträge aufbringen sollen;

(Johanne Modder [SPD]: Dort liegen die ganzen Anträge schon vor, mein Lieber! – Weiterer Zuruf von Johanne Modder [SPD])

denn Sie haben es so konzipiert, dass die Krankenhäuser diese Kredite aufnehmen sollen, und Sie wollen Sie dann zurückzahlen. Eine fachlich zuständige – – –

(Gegenruf von Jens Nacke [CDU]: Benimm dich doch nicht so albern!)

Frau Modder – – –

Präsident Bernd Busemann:

Herr Hilbers, einen Moment, bitte! – Ruhe, bitte!

(Jens Nacke [CDU]: Das ist keine ostfriesische Wohlfahrt!)

Frau Modder, Herr Nacke und auch andere können Gespräche bitte außerhalb des Plenarsaals führen. Ich kann hier auch unterbrechen, wenn Sie das für wichtiger halten.

(Zuruf von Thomas Adasch [CDU])

– Herr Adasch!

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Die Nerven liegen blank!)

Wir warten noch ein bisschen! Herr Hilbers, wir haben ja Zeit.

(Meta Janssen-Kucz [GRÜNE]: Man sieht an eurem Geschrei, wo die Nerven blank liegen!)

– Frau Janssen-Kucz, wollen Sie einen Zettel abgebenÄ

(Meta Janssen-Kucz [GRÜNE]: Nein!)

Herr Hilbers, Sie sind wieder dran!

Reinhold Hilbers (CDU):

Danke, Herr Präsident.

Demnächst wird es notwendig sein, dass dieses Sondervermögen 25 Jahre lang mit jeweils 32 Millionen Euro gespeist wird. Das ist nichts anderes als eine Hypothek auf die Zukunft, die zu 40 % von den Kommunen in den nächsten 25 Jahren getragen wird. Die anderen 60 % werden vom Land zu tragen sein.

Da sollen die Krankenhäuser die Kredite aufnehmen, damit Sie die nicht in den Büchern haben, sodass Herr Schneider von einer vermeintlich schwarzen Null reden kann. Das sind die Überlegungen, die Sie anstellen. An der Stelle liegen Sie eben deutlich falsch. Deswegen kann ich Ihnen nur sagen: Sie sind nicht auf die Zukunft ausgerichtet; denn Ihnen entgeht an dieser Stelle, dass es in den Krankenhäusern riesige Probleme gibt, dieses Geld zu mobilisieren. Die Banken brauchen doch dafür Sicherheiten. Deswegen kriegen Sie augenblicklich Ihre Verordnung dazu nicht hin! Sie steht doch schon seit Monaten aus, weil Sie sie nicht fassen können. – Das sind doch die Probleme, die Sie haben!

Herr Weil, in Ihrer Regierungszeit ist doch das Krankenhaus in Dissen geschlossen worden. In Ihrer eigenen Region – in Springe – ist doch das Krankenhaus geschlossen worden. Aber Sie sprechen von einer Aufbruchsstimmung im Krankenhausbereich! Das Gegenteil ist doch der Fall. Es werden doch rund um Sie herum Häuser geschlossen, und Sie kriegen offensichtlich überhaupt nicht mit, was sich dort abspielt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Und dann das, was Sie bei der MHH planen! Zweifelsohne ist es erforderlich, dort zu investieren.

(Renate Geuter [SPD]: Wie viel ist in Ihrer Regierungszeit reingekommenÄ)

Sie haben das Sondervermögen gegründet. Die Charts, die Sie in der Pressekonferenz verteilt haben, zielen doch darauf ab, dass das Geld, das Sie dort hineinpacken, erst 2025 bis 2030 ausgegeben werden kann, weil Sie es gar nicht abfließen lassen können. Ihre eigenen Bediensteten aus dem Ministerium, Herr Schneider, haben dieses Gesetz doch als „Geldsammelstelle“ bezeichnet. Sie bunkern dort Geld, weil Sie den Menschen jetzt im Vorwahlkampf weismachen wollen, dass Sie dort – Gott weiß, wie – aktiv sind. In Wirklichkeit haben Sie keine Konzepte. Die vielen Anfragen des Kollegen Siemer haben doch gezeigt, dass bei der MHH absolutes Planungschaos herrscht. Das ist Ihre Bilanz, die Sie dort vorzulegen haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Tatsache ist, dass Sie langsam im Geld ersticken, aber keine Konzept auf dem Tisch liegen haben. Das zeigt wieder die neueste Steuerschätzung.

Sie haben in diesem Jahr 194 Millionen Euro zusätzlich, 2018 sind es 278 Millionen Euro. Bis 2021 sind das insgesamt 1,25 Milliarden Euro. Dabei haben Sie die Mehreinnahmen aus dem Bund-Länder-Finanzausgleich noch nicht mit eingerechnet.

Haben Sie doch den Mut, hier einen Nachtragshaushalt auf den Tisch zu legen! Steigen Sie doch endlich in die Rückführung der Kredite ein! Wann, wenn nicht jetzt, wollen Sie in die Tilgung einsteigenÄ Wann, wenn nicht jetzt, wollen Sie die Investitionen aus dem Landeshaushalt wirklich erhöhenÄ Denn trotz der Rekordsteuereinnahmen zeichnet sich diese Landesregierung durch die niedrigste Investitionsquote aus, die dieses Land je gehabt hat. Das ist Ihre Leistung! Wenn Sie wirklich investieren würden, müssten die Investitionsbeträge kräftig nach oben gehen – das tun sie aber nicht! In Wirklichkeit gaukeln Sie das nur vor und geben die Gelder für laufende Zwecke aus. Sie investieren überhaupt nicht in die Zukunft unseres Landes. Das Gegenteil ist der Fall, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich kann Ihnen dafür auch Beispiele nennen. Vor einigen Wochen hat die Landesbehörde für Straßenbau quasi über Nacht entschieden, dass die Leinebrücke im Zuge der B 6 bei Neustadt am Rübenberge für den Schwerlastverkehr zu sperren ist. Seitdem brettern die schweren Lkw im Neustädter Land über die Landesstraßen, die dann selbst zum Sanierungsfall verkommen. Die Menschen in den Dörfern sind einer unerträglichen Situation ausgesetzt.

Das ist Ihre Bilanz dazu, wie Sie mit Landesvermögen umgehen. Seit Sie regieren, herrscht in Niedersachsen Stillstand. Rot-Grün ist ein einziger Reparaturbetrieb, meine Damen und Herren. Mit dieser Erklärung können Sie daran auch nichts erheblich ändern. Es ist eben nicht so, dass Sie in dieses Land investieren. Es ist eben nicht so, dass Sie dieses Land voranbringen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es ist keinesfalls so, dass wir alleine diese Versäumnisse wahrnehmen. Ich zitiere aus der Braunschweiger Zeitung:

„Durchwursteln heißt das Konzept in der Finanzpolitik, verpackt als heroischer Akt. Zudem wird immer deutlicher, wie schlampig und unkoordiniert SPD und Grüne Niedersachsen oft regieren, zuletzt in einer Ausschreibungsaffäre im Niedersächsischen Wirtschaftsministerium. Ihr Motto ‚Gute Arbeit‘ sollte die SPD vielleicht mal ernst nehmen.“

Meine Damen und Herren, die drei Landtagswahlen in diesem Jahr haben eines deutlich gemacht: In unsicheren Zeiten vertrauen die Menschen auf den, der politisch kraftvoll agiert, der verlässlich regiert, der die Menschen schätzt und der die Probleme ernst nimmt und sie anpackt.

(Renate Geuter [SPD]: Genau!)

Das alles tun Sie in Niedersachsen nicht. Im Gegenteil: Sie sind dabei, die Menschen damit zu blenden, dass Sie Sondervermögen einrichten, dass Sie auf hohen Steuereinnahmen sitzen, die Sie nicht verplanen wollen, Herr Schneider, und dass Sie Steuerkonzepte machen, die offensichtlich die ganze Welt – inklusive SPD – in Verunsicherung bringen.

Rot-Grün hat in Niedersachsen finanzpolitisch auf allen Ebenen versagt. Wer sich Ihre mittelfristige Finanzplanung anschaut, wird feststellen, dass das einfach kraftlos und ideenlos ist. Sie haben in den vergangenen Jahren auf der Ausgabenseite keine einzige Konsolidierung vorgenommen. Sie haben auf der Ausgabenseite keinen einzigen Schritt unternommen, der Ihnen hilft, den Haushalt in Ordnung zu bringen.

Sie haben nur in zwei Punkten Glück gehabt. Erstens hat hier zehn Jahre lang eine politische Mehrheit von CDU und FDP regiert, die dafür gesorgt hat, dass schwierige Beschlüsse gefasst worden sind. Alle gegen Ihren politischen Willen! Es ging um 1,5 Milliarden Euro Einsparungen jährlich, die nachhaltig wirken. Das haben Sie nicht rückgängig gemacht. Sie profitieren davon, dass wir damals diese schmerzhaften Beschlüsse gefasst haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU – Anja Piel [GRÜNE]: Herr Hilbers, das hatten wir doch schon! Das Gute habt alles ihr gemacht!)

Zweitens haben Sie einfach wahnsinnig Glück, dass die Steuereinnahmen so fließen, dass die Zinsausgaben so niedrig sind und dass Ihnen deswegen eine Konsolidierung auf der Ausgabenseite erspart bleibt. Sie hätten eine Ausgabenkonsolidierung überhaupt nicht hinbekommen, und Sie wären damit am Ende vollständig gescheitert.

Deswegen ist es auch nur folgerichtig und konsequent, dass Sie es immer noch nicht geschafft haben, die Schuldenbremse in die Verfassung hineinzuschreiben.

(Christian Dürr [FDP]: So ist es! – Anja Piel [GRÜNE]: Bei Ihnen ist das Schreiben wichtiger als das Einhalten, Herr Hilbers!)

Sie haben seit viereinhalb Jahren dazu einen Gesetzentwurf von uns auf dem Tisch liegen, über den Sie bisher nicht beschlossen haben und bei dem Sie auch weiterhin auf Zeit spielen, weil Sie ihn in der Tat nicht wollen. In Wirklichkeit wollen Sie gar keine schwarze Null, und in Wirklichkeit haben Sie auch keine schwarze Null.

Herr Schneider wird auch in diesem Jahr Kreditverträge unterschreiben. Die 900 Millionen Euro Rücklage, die er in diesem, im nächsten und im übernächsten Jahr benötigen wird, werden dadurch gespeist, dass zusätzliche Kreditermächtigungen in Anspruch genommen werden. Das wissen Sie genauso gut wie ich. Erst wenn Sie diese nicht mehr nutzen, kommen Sie wirklich mit dem laufenden Geld aus.

Herr Schneider hat immer gesagt, das strukturelle Defizit sei das Maß. Davon hat er sich längst verabschiedet, weil er genau weiß, dass er das in dieser Wahlperiode nicht mehr hinkriegen kann und dass ihm dann die Zeit wegläuft, sodass er es gar nicht mehr machen braucht. Dann machen wir es nämlich.

(Anja Piel [GRÜNE] lacht)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, nachhaltige Finanzpolitik sieht anders aus. Herr Ministerpräsident, diese Bewerbungsrede war eher für die Aufgabe eines Kämmerers einer Landeshauptstadt statt für die eines Ministerpräsidenten. Sie sind weit hinter Ihren Möglichkeiten zurückgeblieben. Das war nicht der Aufbruch für Niedersachsen,

(Jens Nacke [CDU]: Er hat seine Möglichkeiten im vollen Umfang ausgeschöpft! – Weitere Zurufe von der CDU)

Herr Ministerpräsident, eine Offensive in der Finanzpolitik sieht anders aus. Wenn es schon so schlimm ist, wie es in Niedersachsen wirklich ist, dann sollten Sie vermeiden, darüber Regierungserklärungen abzugeben.

Vielen Dank.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Präsident Bernd Busemann:

Vielen Dank, Herr Kollege Hilbers. Kompliment! Von den 20 Minuten haben Sie 19:59 Minuten verbraucht.