Landtagsrede vom 9. März 2016

Stenografischer Bericht der 92. Sitzung des Niedersächsischen Landtags

Tagesordnungspunkt 12: Aktuelle Stunde – b) Hilfe fördern statt unfairen Wettbewerb – Unterstützung der Wohlfahrtspflege neu ausrichten – Antrag der Fraktion der FDP –

Reinhold Hilbers (CDU):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Die Sicherung der Arbeit der Freien Wohlfahrtspflege liegt uns allen am Herzen. Das können Sie auch mir und unserer Fraktion abnehmen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die vielen guten Dinge, die durch die Förderung der Freien Wohlfahrtspflege bewirkt werden, sind in vielen Teilen des Landes spürbar. Sie können mir abnehmen, dass ich es ernst meine, wenn ich sage, dass gerade die Mittel, über die die Freie Wohlfahrtspflege in ihrem Einflussbereich bestimmen kann, ganz wichtig sind, um niedrigschwellige Angebote zu finanzieren, weil man nicht alles, was man an sozialer Leistung vor Ort vorfinden will, so in ein Gesetz gießen kann, dass es von der Küste bis zum Harz überall Gültigkeit hat und vernünftig funktioniert. Deswegen bin ich ein ausdrücklicher Verfechter dessen, dass das gesichert wird.

An dieser Stelle setzt aber auch meine Kritik ein, meine Damen und Herren.

Herr Schremmer, Sie haben gesagt, der Landesrechnungshof habe sich damit nicht auseinandergesetzt. Der Landesrechnungshof hat sogar einen Denkschriftbeitrag dazu verfasst! Vielleicht rufen Sie sich das einmal in Erinnerung. 2014 ist das Gesetz von Ihnen beschlossen worden. Schon damals wurde diese nicht unerhebliche Frage aufgeworfen.

Dass Sie die Diskussion so geführt haben, wie Sie sie geführt haben, hat überhaupt erst dazu geführt, dass bei der EU jetzt diese Beihilfebeschwerde anhängig ist. Sie wollten nämlich damals schon die Augen vor der Frage verschließen, wie man das wettbewerbsrechtlich ausgestalten kann, meine Damen und Herren. Das ist Ihr großer Fehler.

2014 haben Sie das Gesetz beschlossen, in dem Sie auch festgehalten haben, dass Sie eine neue Vereinbarung schließen wollen. Mittlerweile haben wir 2016. Jetzt haben Sie es endlich geschafft, diese Vereinbarung vorzulegen. Erst jetzt ist sie fertig geworden. Allerdings geht sie in wesentlichen Punkten nicht auf das ein, was da an Kritik gekommen ist. Sie ändert in wesentlichen Punkten nichts. Ich komme gleich noch dazu.

Mir geht es um die Sicherung der Mittel mit einer klaren Prioritätensetzung für das, was die Freie Wohlfahrtspflege dort tut. Aber das geht eben nur, wenn Sie auf die Dinge eingehen. Schon im Gesetzgebungsverfahren haben Sie weggeschaut. Nur auf Druck der Oppositionsfraktionen und der Verbände, die sich zu Wort gemeldet haben, ist letztendlich der Paragraf eingefügt worden, der darauf abzielt, dass man die wirtschaftliche Tätigkeit hier nur dann gewährleisten kann, wenn man wenigstens die Bestimmungen der Abgabenordnung einhält, wenn dort nämlich die freigemeinnützige Tätigkeit betroffen ist und nichts anderes, meine Damen und Herren. Das ist wohlweislich durch uns eingefordert und eingebracht worden. Es hat vor dem Hintergrund der jetzigen Diskussion eine hohe Bedeutung. Sie haben dort nicht entsprechend reagiert.

Sie haben auch nicht auf das reagiert, was die Europäische Union Ihnen geschrieben hat. Herr Schremmer, wenn Sie das einmal gelesen hätten, dann hätten Sie auch gewusst, um was es da geht. Ich zitiere daraus:

Wirtschaftliche Tätigkeit: Der Gerichtshof definiert ein Unternehmen durchgehend als Einrichtung, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, unabhängig von ihrer Rechtsform und Art der Finanzierung. Somit entscheidet die Art der Einrichtung und der ausgeübten Tätigkeit darüber, ob es sich hier um ein Unternehmen handelt.

Sie müssen schon die Dinge berücksichtigen. Sie haben doch diesen Fragenkatalog bekommen. Da haben Sie gar nichts abgearbeitet.

Im Übrigen will ich Ihnen einmal erzählen, wie wir an den Fragenkatalog herangekommen sind. Der sollte ja im Haushaltsausschuss nicht herausgegeben werden. Erst als wir das Akteneinsichtsbegehren, das wir gestellt haben, weil Sie Vorstandsgehälter daraus bezahlt haben, auf diese Frage der EU-Förderung erweitert haben, die vorher davon ausgenommen war,

(Christian Grascha [FDP]: So ist es!)

war es möglich, dass wir überhaupt an diese Verordnung herangekommen sind.

(Renate Geuter [SPD]: Das stimmt doch gar nicht! Das wissen Sie auch!)

So viel zum Thema der Transparenz, die Sie dort ausüben, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP – Gerald Heere [GRÜNE]: Geschichtsklitterung!)

Ich sage Ihnen in aller Deutlichkeit: Wenn es Ihnen nicht gelingt, diese Frage mit der Europäischen Union zu klären, dann haben Sie die Axt an die Förderung der Freien Wohlfahrtspflege angelegt.

Herr Schremmer, wir wollen keine Rechtfertigung für die Förderung. Wir wollen uns überhaupt nicht für die Förderung rechtfertigen. Es steht außer Frage, dass wir die Freie Wohlfahrtspflege fördern wollen. Wir wollen sie aber rechtlich sichern, und zwar so, dass sie auf Dauer nicht infrage gestellt ist, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das ist das, was wir tun müssen. Da werden Sie auf die Dinge eingehen müssen. Sie werden diese Fragen beantworten müssen.

Das haben Sie bei der Verordnung nicht getan. Sie haben an der Verordnung nichts geändert – lediglich die Begrenzung auf 22 % für Beratung. Sie haben nicht sichergestellt, dass in Zukunft keine Vorstandsgehälter aus diesen Mitteln bezahlt werden können. Sie haben auch nicht definiert, um welche Aufgaben es sich dort im Einzelnen handeln soll, damit dies wirklich keine Beihilfe im wirtschaftlichen Sinne ist, meine Damen und Herren.

Ich hoffe, dass es uns gelingt, dieses Thema gegenüber Europa zu verteidigen. Aber ich habe den bösen Verdacht, dass Sie so, wie Sie das im Augenblick machen – Sie nehmen es nämlich auf die leichte Schulter -, damit scheitern werden. Das ist gegen die Freie Wohlfahrtspflege und nicht für die Freie Wohlfahrtspflege, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vizepräsidentin Dr. Gabriele Andretta: Vielen Dank, Herr Kollege.

 

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